Vielleicht ist morgen alles anders. Wer weiß das schon, wollte das überhaupt wissen? Heute jedenfalls stehen die Zeichen auf … – ja, was eigentlich?
Christiane Bach ist mit ihren aktuellen Arbeiten angekommen. In einer größeren Umgebung. Nicht nur im Format. Ihre Figuren haben einen weiten Weg zurückgelegt, es ist immer noch dieselbe Erde unter ihren Füßen, derselbe Himmel über ihren Köpfen. Aber sonst ist nichts wie es einmal war. Das Ziel aus den Augen verloren, dafür im Herzen klar, sind es Zeichen des Umbruchs, die sich im Himmel spiegeln.
Meer in seiner dunklen Tiefe, Land in seiner unendlichen Weite, der Himmel über allem unheimlich aufregend. Waren die Figuren in Christiane Bachs bisherigen Arbeiten meist auf einander bezogen, im familiären Geflecht verstrickt, dem Vater, der Mutter, als Mutter, als Sohn, als Partner gefangen und selbst seelenalleine immer den anderen fest im Blick (oft die Angst im Nacken), treffen sie nun auf das Abstrakte: ohne Furcht, ohne konkrete Erwartung, gespannt, aber offen für das was da kommt. Nur das Licht leuchtet immer anders den Weg, damit auch einem Ich, das nicht mehr nur von dieser Welt sein könnte. Egal wie weit man reist, der Himmel ist überall gleich weit entfernt. Aus dem Wasser waten, am Horizont entlang, unerschrocken.
¿Um Himmels Willen? !Um Himmels Welt¡
© Florian Asamer
Und plötzlich ist da ein Raum. Figuren finden sich im Licht wieder. Bedrohliches liegt hinter ihnen. Wege tun sich auf. Wenn Christiane Bach sich in ihrer aktuellen Arbeit den Träumen und daraus entstehenden Räumen zuwendet, ist freilich Vorsicht geboten. Denn diese Träume sind keine Wunschschablonen, die zum Nachschneidern von gelungenen Lebensentwürfen taugen, sondern sitzen ihren Figuren im Nacken, lassen sich nicht abschütteln, sind ihnen Kompass und Mühlstein zugleich. Es sind jene Träume und Wünsche, die oft auch andere für uns definiert haben, meist gut gemeint, aber eben nicht die eigenen und deshalb so nicht immer nachlebbar. Möglichkeiten sind eben nicht nur Chancen, sondern immer auch ein vorformulierter Anspruch, dem man nur selten genügen kann. Hat sich Bach in ihrer bisherigen Arbeit eigentlich immer mit Vergangenem beschäftigt, das sie auf der Leinwand auf seinen Gehalt hin überprüft hat, versucht sie sich mit den neuen Bildern nun quasi an einen Möglichkeitsraum, vielleicht auch eine Zukunft, zu erinnern. Welches Bild habe ich von mir, von der Person, die ich glaube sein zu wollen, ist es überhaupt mein Bild von mir oder die Vorstellung der anderen? Fängt das Mädchen den Ball oder wirft es ihn hoch? Was wartet auf uns nach der Fahrt über das Meer am festen Land? Ist die Hand am Nacken eine Stütze oder übt sie doch nur Druck aus? Die Räume die Bach aufmacht, können von uns nun begangen werden. Mit den Träumen, die uns selbst im Nacken sitzen.
© Florian Asamer
Noch ein klärendes Gespräch, ein abschließender Versuch, ein letztes Achterl. Der Vorsatz „Ich gehe jetzt“ liegt bleiern auf unseren Leben. So führen wir gescheiterte Beziehungen weiter, werden in Jobs alt, die uns nicht mehr interessieren, machen unsere heiligsten Träume zu ewigen Versprechen, denen wir längst keinen Glauben mehr schenken. Egal ob wir orientierungslos herumgehen, unschlüssig dastehen oder trotzig sitzen bleiben, das Leben bleibt davon unbeeindruckt. Vergeht ungerührt. Schaut sich nicht nach uns um.
Der festgehaltene Augenblick läßt erahnen, dass davor ein ganzes Leben liegt. Was gerade ist, ergibt die Summe aus allem, was bisher geschah, wäre ohne den unzähligen Vorgeschichten genau so niemals gekommen. Alles weitere aber entspringt erst der nächsten Entscheidung. Die Figur ist mit sich alleine, vom Betrachter getrennt, des eigenen Glückes Schmied, vermeintlichem Glück ausgeliefert, aufgespannt auf dem Objektträger unter dem Mikroskop, dabei selbst strenger Beobachter. Eingeschüchtert vom eigenen Schatten, zögert den Sprung vom Steg hinaus, Bäume verdecken das ferne Ziel. Alleine in einem hermetisch abgeschlossenen Raum, der aber groß genug ist, um sich frei entscheiden zu können.
Den Unterschied macht nur ein Moment. Die Entscheidung wird getroffen, der Vorsatz umgesetzt, die Idee realisiert. Zuerst zögern wir, den einen Raum zu betreten, einen anderen endgültig wieder zu verlassen. Klammern uns aneinander, sind einsam. Irgendwann ein Ruck. Wir schlüpfen durch eine der vielen Nebellichten, die sich ununterbrochen auftun. Richten noch einen Blick zurück. Und gehen. Jetzt. Wirklich.
© Florian Asamer